Neufundland, Inselleben, Freundschaft und Film

Mr. Saitos reisendes Kino

CoverEine Insel vor Neufundland, schrullige Inselbewohnerinnen und kauzige Meeresküstenbewohner. Und mittendrin? Ein altes Wanderkino.

Doch das kommt erst später…

Die kleine Lita erzählt uns im Buch ihr ganzes Leben, inklusive dem zeitweise auftauchenden unsichtbaren Freund Ei. Und sie warnt uns zu Beginn: „Doch nicht einmal der stärkste Kraftprotz im Zirkus kann die Zeit anhalten. Ich rate dir also: Halte dich lieber gut fest, wenn du in den Kurven nicht rausfliegen und den Rest verpassen willst.“

Ihre Mutter liebt Schuhe (Tanzschuhe, Zebrastiefel, Kamiks… nicht so sehr die Holzschuhe der Insel) und Tango über alles. Ihr Vater? Spielt weiter keine Rolle, außer in der Sehnsucht der kleinen Lita. Ihre Reise Richtung Europa (Paris!) endet auf einer kleinen, kalten Insel in Kanada vor Neufundland.

Nach den ersten Jahre mit ihrer Mutter im Kloster (die dort als Findelkind lebte und mit 17 schwanger wurde) findet Lita auf der Insel eine erste echte Freundin, die gehörlose und einzigartige Oona McGregor.

Als Lita dem von allen lang herbeigesehnten Mr. Saito das erste Mal begegnet, ahnt sie nicht, dass er ihr Leben für immer verändern wird. Denn er bringt das Wanderkino mit.

Die Geschichte erzählt vom Finden von Familie an unerwarteten Orten, von Fischern mit bernsteinfarbenen Augen und Männern mit wildem Haarschopf, von Herzklopfen, auch von entlaufenen Tangoschuhen. Von der Liebe in all ihren Formen. Der Stil ist einfach sehr schön. Und im Laufe des Buches verändert er sich – minimal, aber doch so, dass man an ihm auch die Reifung der Figur erkennen kann. Einfach schön.

Das Gerüst der Geschichte basiert auf 7 Teilen. Sie repräsentieren die 7 Wellen, von denen 6 unspektakulär bzw. eher sanft an den Strand rollen. Die 7. Welle aber bricht und zeigt ihre ganze Kraft.

Fazit: Tolle Geschichte, tolle Formulierungen, ich war gleich drin im Leben von Lita und all‘ den anderen – und am Ende traurig, dass es schon vorbei war (bei immerhin mehr als 500 Seiten!)

Zitate, die zeigen, warum ich vom Schreibstil so begeistert bin:

Denn trotz des Windes war der Himmel azurblau und unendlich hoch. Eine Herde wattiger Schäfchenwolken zottelte über das Blau, und weiter draußen tauchte ein Seeadler ab und schnappte sich einen Fisch aus dem silbern glitzernden Meer.

[…]

Tagsüber lief sie steifbeinig in ihren viel zu kleinen Stiefeln herum und verlor alles aus den Händen, was man verlieren konnte. Teetassen, Gläser und gelegentlich auch den Mut.

[…]

Etwa zur gleichen Zeit merkte ich, dass Ei von zu Hause ausgezogen war. Ich suchte überall, doch er war weg. Hatte er sich vernachlässigt gefühlt, seit ich Oona kannte? Zum Schluss hatte ich wohl vergessen, auf ihn zu hören.

Hinter Eis hartgekochtem Äußeren verbarg sich eine feinfühlige Seele, und jetzt hatte ich ein schlechtes Gewissen.

Aber Ei war niemand, der Groll hegte. So etwas war viel zu kleinkariert. Er zeigte auch keine besondere Dankbarkeit, dass ich mich so viele Jahre um sein Wohlergehen gekümmert hatte. Ei gehörte in die Großstadt und gab erst viele Jahre später wieder einen Mucks von sich.

[…]

Während des Films […] schlüpfte das weiche Nougat heimlich an Lornas Stoffwechsel vorbei. Am nächsten Tag hatte besagter Stoffwechsel jedoch alles herausgefunden.

Themen? Naja, vielleicht eher… Fundstücke?

Annette Bjergfeldt: „Mr. Saitos reisendes Kino“. HarperCollins 2025. 24,- EUR. ISBN 978-3-36500936-9.

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KI: Schutz von Biodiversität & Co.?

Kann KI die Natur retten?

CoverDas Buch ist gar nicht mal sooo dick (um die 200 Seiten), doch der Rundumblick ist sehr gut gelungen: Von Arten von Intelligenz (entlang der Evolution bis KI) über aktuelle und künftige Möglichkeiten der KI bis hin zu den Gefahren. Die kurze, gut lesbare Einführung in das Thema Intelligenz hat mir als Anknüpfung dazu gut gefallen. Sis ist sehr gut zusammengestellt und erläutert. Und die wirklich schöne, greifbare, umfassende Definition von „Biodiversität“ holt die geneigte Leserin gut ab, hier die Kurzvariante: In Genen, Arten und Ökosystemen. Und im Buch gibt es die schöne, vollständige Definition.

Im Stil eines sachlich-fundierten (guten!) Schulbuches formuliert, dabei merkt man den Autorinnen ihre positive und konstruktive Herzensangelegenheit in der Sache an. Immer wieder spannend und sachlich fundiert aufbereitet.

Was kann KI?

  • Bisherige Naturschutzansätze effektiver und /oder effizienter hinbekommen: Naturschutz, Forschung, …
  • Praktiken verbessern, d. h. umweltgerechtes Handeln unterstützen bzw. belohnen: Landwirtschaft, Unternehmen, …
  • Z. B. „Wildunfälle“ im Ozean verhindern

Ein Ritt durch die Evolution… und weiter

Das Buch zeigt, wie Künstliche Intelligenz Tierarten und Ökosysteme erhalten und den Naturschutz revolutionieren kann – wenn sie richtig eingesetzt wird.

Buch mit LesezeichenZu Beginn der Lektüre begegne ich LUCA, einem coolen Kerlchen, das ich gern mal persönlich kennengelernt hätte. Leider lebte es (weit, weit) vor meiner Zeit ;o)

Eine Biologin und eine Wirtschaftswissenschaftlerin erklären unter anderem, wie Kleinstlebewesen wie Insekten oder größere wie Vögel zu wertvollen Datenlieferanten werden und so dabei helfen, Naturkatastrophen oder Krankheitsausbrüche frühzeitig zu erkennen.

Besenderte Meeresschildkröten liefern die Daten, um Zyklone besser vorherzusagen, da diese in Tiefen von 25 bis 200 m früher Anzeichen zeigen als an der Oberfläche. Oder: Rund 80 % der Daten zu Eisdicke und Ozeansalinität in der Antarktis liefern heute Südliche Seeelefanten. Danke, Digga! Und in Vulkangebieten heißt es: „in goats we trust“ – denn die Ziegen nehmen früh Veränderungen wahr. Da geht was.

Neben Sensoren, Wildtierkameras und KI-Auswertungen von Laienfotos im Internet (auf Social Media) ist auch das akustisches Monitoring eine hervorragende Datenquelle, um tierische und pflanzliche (!) Individuen, Populationen und Ökosysteme hinreichend zu erforschen, um deren Schutz zu verbessern. Die akustischen Aufnahmen lassen sich dank KI nach und nach immer besser entschlüsseln: Sie verraten, ob ein Ökosystem intakt oder aus dem Gleichgewicht geraten ist. Immer leichtere Sender machen immer mehr Datengebiete zugänglich, aktuell liegt das Gewicht der kleinsten Sender bei gerade einmal 0,2 Gramm. Damit sind die Dinger insektentauglich!

Apropos Ökosystem. Die Grafik, die die Übersicht über Ökosystemleistungen anschaulich darstellt, macht den Kontext deutlich: Alles mögliche, was Menschen nicht selbst herstellen können und wo wir abhängig sind von natürlichen Faktoren, z. B. Bodenbildung. Weit mehr als „die Temperatur steigt und CO2 ist das (einzige) Problem“.

Das Internet der Tiere kommt mit einer Reihe von Stichworten um die Ecke, in die man sich weiter rein-nerden kann: Taxonomie, Genetik, Verbreitung, Verhalten, Krankheiten, Bedrohungsgrad, ökologische Prozesse im Zusammenspiel von Arten… Wow!

Hoffnung auch für die wachsende Menschheit: „How to Sustainably Feed 10 Billion Poeple by 2050″… es geht! Und es geht mit der Natur, nicht gegen sie. Es geht NUR mit der Natur.

Damit kommen wir zur Wirtschaftlichkeit: Sehr interessant, da hier Ökosystemleistungen bewertet und mit dem BIP (Bruttoinlandsprodukt) verknüpft werden. ARIES* ist dabei eine Plattform, die hilft, nach SEEA*-Prinzipien Ökosysteme zu bewerten (* s.u. Themenliste). Genutzt wird die Logik der Wirtschaft, um Nachhaltigkeit in die Rechnungen und damit in die Investitionsüberlegungen hinein zu bringen. Catchy Schlagwort: „Nature on the balance sheet“ (z. B. gibt es Ansätze, die Investitionen in Naturschutz nicht mehr nur als Ausgabe/Corporate Social Responsibility-Maßnahme, sondern als Wertposten in der Bilanz von Unternehmen ermöglichen). Nice.

Neben den KI-Aspekten lerne ich wieder mal dazu, was die Wunder der Natur betrifft. Tiere und Pflanzen haben über Millionen Jahre offensichtlich Fähigkeiten entwickelt, die jenseits jeder KI-Anwendung beeindruckend sind. Das Wissen darüber ist ebenso wichtig wie die Weiterentwicklung der Technik, soviel wird beim Lesen klar.

Ach guck: Im Kapitel zur künstlichen Intelligenz gibt es eine direkte Ansprache an ITler, dass sei gnädig dies hier rasch überfliegen können. Mitgedacht, gefällt mir :-)

Die Zukunft hat schon angefangen

Hmm… das hier macht mir ein bisschen Gänsehaut: Echte menschliche Hirnzellen sind heute schon Teil von technischen Rechenmaschinen. Sie lernen um ein Vielfaches schneller als künstliche neuronale Netze und benötigen dafür um Größenordnungen weniger Energie. Grund für Hoffnung? Sicher. Grund für ein komisches Bauchgefühl? Sicher auch das. (Technologiekonferenz MWC 2025 zeigte erste kommerzielle Modelle von Cortical Labs)

Zitat

Die Artikel und Studien haben wir alle selbst gelesen. Wir haben uns nichts von einer KI zusammenfassen oder formulieren lassen. Alle Fotos in diesem Buch sind echt. Alle Fotos? Nein, ein einziges ist KI-generiert. Viel Spaß beim Suchen.

Autorinnen

Frauke Fischer: Die promovierte Biologin gründete 2003 die Agentur »auf!«, eine Beratungsagentur zum Schwerpunkt Biodiversität. Sie bearbeitet dieses Thema seit über 30 Jahren als Wissenschaftlerin, Beraterin und Unternehmerin. Für ihre Arbeit wurde sie international ausgezeichnet und in Gremien berufen.

Hilke Oberhansberg: Sie ist promovierte Wirtschafts- und studierte Umweltwissenschaftlerin und arbeitet nach vielen Jahren in internationalen Konzernen nun im Bereich Umweltbildung und Umweltberatung. Im Kontext der gesellschaftlichen Entwicklung hin zu mehr Nachhaltigkeit interessiert sie insbesondere der Mensch innerhalb und außerhalb von Organisationen, in ihrem/seinem Tun und ihren/seinen Rollen als Mitarbeiter:in, Konsument:in und Akteur:in.

Fazit: Lesen, lernen, hoffen – da geht was!

Themen

Frauke Fischer und Hilke Oberhansberg: „Kann KI die Natur retten?“ oekom 2025. 26,- EUR (D) / 26,80 EUR (A). ISBN 978-3-98726-163-3.

Weitere spannende Info

Übrigens brachte meine Recherche noch ein anderes ARIES ans Licht, auch interessant: ARtificial Intelligence for Environment & Sustainability

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Von Frauen für Frauen: Finanzielle Unabhängigkeit

Ausgesorgt

CoverNun ja, Finanzratgeber lesen ist jetzt nicht mein liebstes Hobby.

Was mir an diesem gefällt? Die Tipps der Finanzexpertinnen mit der Erfahrung von Stiftung Warentest sind übersichtlich und prägnant beschrieben, kurze Texte machen den Einstieg leicht. Man merkt, hier wurde an die Zielgruppe / Leserinnen gedacht. Dazu gehört auch das Stichwortverzeichnis, so dass man Themen schnell (wieder) findet.

Der Stil ist der von einer gut informierten Freundin, verständlich und motivierend. Hier wird nicht so sehr wie in anderen Ratgebern die Angst vor dem finanziellen Notfall zur Motivation herangezogen. Es geht vor allem um positive Effekte, die auch machbar scheinen.

Wie Frauen finanzielle Unabhängigkeit erreichen und vorsorgen, wird auf rund 160 Seiten aufgeblättert. Das erklärte Ziel: Selbstbewusst die eigene finanzielle Zukunft gestalten. Das Buch zeigt, wie man Rücklagen bildet und Geld klug anlegt  – unabhängig davon, in welcher Lebensphase Frauen sich befinden: ob unverheiratet, in Elternzeit, bei beruflichen Veränderungen oder Scheidung.

Die besonderen finanziellen Herausforderungen werden nacheinander beleuchtet und konkrete Lösungen zeigen den Ausweg.

Interessant finde ich die Übersicht zum Thema Schenkungssteuer im Kontext von Erbschaften. Je nach Verwandtschaftsgrad sind hier die aktuellen Freibeträge zu sehen. Ich muss dann man mit den reichen, alten Verwandten drüber reden ;-)

Mir gefällt auch die Daumenregel, etwa 1x/Jahr auf die Situation zu gucken, etwas Finetuning zu betreiben – und damit jederzeit anzufangen ist immer eine gute Idee! Na klar, dafür muss man sich einmal die Mühe machen, einen eigenen Plan aufzustellen. Doch soooo schwer ist das gar nicht, wenn man den Pantoffeltrick der Autorinnen beherzigt. Also los, ein Nachmittag reicht für den Anfang, die Geldanlage einmal gründlich und grundsätzlich zu notieren. Und dann los. Das klingt doch nach ’nem Plan!

Interessanter „Sidekick“: Die weit verbreitete Scheu der Frauen vor Finanzthemen kommt nicht von ungefähr. Da hat die Geschichte und die über lange Zeit männlich geprägte Machtverteilung bis heute ihre Finger im Spiel…

Autorinnen

Ulrike Sosalla erklärt alles rund um Geld, Versicherungen und Verbraucherrechte. Sie arbeitete u.a. beim Handelsblatt, bei der Financial Times Deutschland und als Korrespondentin in New York und Berlin. Bei der Stiftung Warentest Finanzen bringt sie komplexe Wirtschaftsthemen und trockenes und dabei hochspannendes Finanzwissen auf den Punkt.

Britta Sembach veröffentlicht seit 2014 Bücher über Care-Arbeit, Familienpolitik und die Lebenswirklichkeit von Frauen. Die studierte Politikwissenschaftlerin arbeitet als Journalistin u.a. bei der Nachrichtenagentur Reuters und dem WDR. 

Fazit: Empfehlenswert, verschenkt es ruhig an Freundinnen & Verwandtschaft (Männer können auch was lernen, garantiert)

Themen

  • Kassensturz
  • Ziele und Planung
  • Verschiedene Lebenssituationen
  • Single, alleinerziehend, Familie, pflegende Person
  • Haus und andere Schulden
  • Notgroschen und Finanzpolster
  • Versicherungen
  • Gehaltsverhandlung
  • Verschiedene Arbeitsmodelle
  • Altersvorsorge
  • Bankeinlagen
  • ETFs = „Exchange Traded Fund“ (börsengehandelte Fonds)
  • Investmentfonds & Aktien
  • Pantoffel-Portfolie: Bequem gemacht
  • Ethisch & nachhaltig anlegen

Ulrike Sosalla und Britta Sembach: „Ausgesorgt. Wie finanzielle Unabhängigkeit für Frauen gelingt“. Stiftung Warentest 2025. 22,90 EUR. ISBN 978-3-7471-0934-2.

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Adventskalender Winternatur

Winter Moments in Nature

CoverMan nehme: 1 gemütlichen Sessel, 1 Tasse Tee, 1 Schere & Lust auf winterliche, heimische Tierwelt.

Gamanders erstaunliche Fotos, untermalt von Unas kurzen, sehr schönen Texten. Dazu eine besondere Gestaltung: Ausklappseiten (für den adventlichen Zauber beim Aufklappen), mit Bildern, traumhaften kurzen Naturbeschreibungen (wie es zu dem Foto kam…) und Basteleien.

Eine wunderbare Kombination von Winterwelt und Vorweihnachtszeit.

Erlebnisse und Begegnungen in kalter, klarer Luft. Im Nebel und bei Sonnenaufgang. Faszinierende Anpassungs- und Überlebensstrategien unsere wilden Nachbarn.

Wie schon im Buch „Moments in Nature“ ist auch dieses Buch ein Seelentröster, Gute-Nacht-Lektüre oder Morgenbegleiter.

Sehr, sehr ästhetische Fotos, stimmungsvolle Formulierungen, eine tiefe Sanftmut zieht zwischen den Zeilen ein. Schöner kann ich mir meine kleinen Lese-Auszeiten im Advent kaum vorstellen.

Fazit: Winterwunder aus Wald, Wiesen und Wo-auch-immer-hinterm-Haus. Klug beobachtet, dazu atmosphärisch & fundiert getextet. Unbedingt zur Hand nehmen!

Gamander López und Una López: „Winter Moments in Nature“. Adventskalender. KOSMOS 2025. 20,- EUR. ISBN 978-3-440-18335-9.

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Poetische Trauergeschichte

Jetzt und für immer wir drei

CoverOh, so ein schönes Trostbuch. Sanft farbige Bilder, Herbststimmung. Auch mal monochrom illustriert.

All die Struktur und Schönheit des Lebens sind zerbrochen. Nur Olivo und sein Vater sind übrig. Der Verlust der Mutter wird nur angedeutet, es ist diese Zeit, nachdem es wieder (zu) ruhig geworden ist. Der Große und der Kleine gehen je auf ihre eigene Art mit der Situation um. Und dann? Trauer und Wut werden in etwas konstruktives Kreatives kanalisiert. Olivo und sein Vater kreieren einen neuen Ort, der Welt etwas enthoben. Um neue Worte zu finden und um das Gefühl zu haben, trotzdem zu dritt zu sein. Jetzt und für immer.

Das Buch erzählt von der Schwere und Traurigkeit nach dem Verlust. Von Wut und Verzweiflung, die alles zerstören können. Auch: Von zarten Versuchen weiterzumachen, den ersten Handlungen und Schritten in eine neue Welt ohne den geliebten Menschen.

Fazit: Gut für kleinere Kids. Und für alle anderen auch, die traurig sind und/oder jemanden vermissen. Leseempfehlung!

Chiara Lorenzoni und Marco Somà: „Jetzt und für immer wir drei“. Bilderbuch Carl-Auer Kids 2025. 22,- EUR. ISBN 978-3-96843-064-5.

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Gefühle, Gemeinschaft, Gesellschaft … darauf folgt H wie Hoffnung

Wie fühlst du dich?

CoverEine Sammlung von Gefühlen, mit etwas Selbst, viel Gemeinschaft und Gesellschaft als Kontext, die zu sehr persönliche Reflektionen angeregt haben. Dazu fundiertes Wissen, gut recherchiert und zusammengestellt, auch gut differenziert. Leicht zu lesen, auch unterhaltsam (doch auch mit ernsteren Gedanken). Immer mal wieder auch ein kurzes Abschweifen. Gefällt mir. Das kleine Format (ca. Postkartengröße) ist sehr handlich und ebenfalls einladend.

Hier lerne ich eine Menge und erfahre, wie der Autor dies recherchierten „Inputs“ für sich interpretiert, ohne dass er mir diese Interpretationen aufdrücken will. „Altersweise“ in einem positiven Sinn – unterhaltsam, sinnstiftend und interessant für alle Altersgruppen

Buch mit LesezeichenThemen:

  • Persönliche, individuelle Gefühle
  • Blick auf Gemeinschaft und Gesellschaft, Gruppen und Communities
  • Formen „unpersönlicher“ / „gemeinsamer“ Kommunikation mittels „Gefühlsfokus“ (ja, genau: Social Media, Online Marketing…)
  • Angst
  • Verbundenheit
  • Hilflosigkeit
  • Wut
  • Hass
  • Lebensfreude
  • Glück
  • Hoffnung
  • In diesen Zeiten den Kopf über Wasser halten
  • Erkenntnis
  • Vernunft
  • Eigenständigkeit und Verantwortung

Autor

»Ohnehin hatte ich Angst vor dem Buch. Dass es zu groß für mich sein könnte. Dass andere es besser machen würden. Dass ich es nicht schaffen würde und so weiter. Ich kenne diese Zustände seit Jahrzehnten. Aber diesmal kam ich mir vor wie jemand, der zu einer Antarktis-Wanderung aufgebrochen ist und nach fünfzig Kilome­tern merkt, dass er nur mit einer Badehose und Flip-Flops bekleidet ist.«

Fazit: Ein kluges Buch, das wir in schwierigen Fragen der Zeit, die mir durch den Kopf gehen, wertvolle Inspirationen liefert.

Themen

  • Gefühle erkennen, reflektieren und kommunizieren
  • Gefühl und Vernunft
  • Wie andere uns am Nasenring unserer Affekte führen
  • Umgang mit Angst
  • Suche nach Verbundenheit
  • Hilflosigkeit und Wut
  • Negative & aggressive Gefühle
  • Lebensfreude und Hoffnung

Axel Hacke: „Wie fühlst du dich? Über unser Innenleben in Zeiten wie diesen“. DUMONT 2025. 22,- EU. ISBN 978-3-8321-6810-0.

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Kleiner Mutbringer in Grün

Was wäre, wenn wir mutig sind

Skizze

CoverSeit Jahren kämpfen Menschen um die künftige Bewohnbarkeit unseres Planeten. Luisa Neubauer ist nicht nur durch Fridays for future bekannt, sondern schlicht auch Eine von uns, die wir uns alltägliche Gedanken darüber machen.

Bis heute scheitert die Welt daran, den notwendigen Klimaschutz demokratisch zu organisieren.

Warum passiert nicht mehr, obwohl die wissenschaftlichen Fakten schon lange bekannt sind? Woher kommt die Anti-Klima-Aggression der Rechten? Warum sorgen selbst die sichtbaren Klimakatastrophen nicht für ein gesellschaftliches Umdenken?

Das Postkarten-kleine, grüne Buch erinnert an Gespräche mit der Großmutter, deren Bücherregal (alles nicht so neu…) und führt mal hier- mal dorthin, um weiter zu sehen, was heute abgeht. Oder früher zu heute geführt hat. Die studierte Geographin analysiert die Machtkämpfe hinter der Klimakrise, sie legt die fossilen Wurzeln unserer Demokratie frei und zeigt, wie eine realistische Utopie auf unserem Planeten aussehen kann.

SkizzeIm Interview erwidert Luisa Neubauer auf die Aussage „Mich entmutigt manchmal, dass man irgendwie eh nie ein perfektes Verhalten hinbekommt…“ (freundin 19/2025):

Diese Wiedersprüche im Alltag der Klimakrise kennt jeder, die müssen wir annehmen.
Lieber erlebe ich endlos viele Menschen, die sagen ‚Ich kann nicht alles machen, aber ich kann etwas machen‘, als auf drei Leute zu warten, die mit einem Heiligenschein alles richtig machen. Schon der kleinste Schritt kann ein Anfang sein.

Dieses Buch ist ein Aufruf, zu tun, was man kann – zu intervenieren und unsere ökologischen Grenzen zu verteidigen. Eine Einladung, den Krisen in die Augen zu schauen. Die Erfolge nicht zu übersehen, die sich wandelnde Stimmung und das Bewusstsein wahrzunehmen. Und ein Plädoyer für die Hoffnung.

Zitat:

Bislang bestand der Erfolg der politischen Ökologie darin, die Menschen in Panik zu versetzen und sie gleichzeitig aus Langeweile zum Gähnen zu bringen.“

(Nikolaj Schultz und Bruno Latour)

Dies lässt sich ändern. Und das Buch trägt dazu bei. Es ist stellenweise auch sehr stimmungsvoll. Leicht nachzuvollziehen. Kurz ;-) Und offensichtlich inspirierend, siehe die Scribbles, die ich beim Lesen gemacht habe.

Fazit: Pageturner… denn erstmal bekomme ich ein Update, wo es gerade schief läuft. Puh ich wollte doch Mut finden. Am Ende finde ich Bestätigung in einem diffusen Gefühl des „… kommt-langsam-aber-gewaltig“.

Skizze

Themen

  • Hoffnung in der Krise
  • Das Bücherregal meiner Großmutter
  • Bequeme vs. unbequeme Hoffnung
  • Alpen
  • Sturm
  • Menschen
  • Mathematisches Missverständnis
  • Fossilität
  • Walden
  • Kollabierende Versprechen
  • Was jetzt?
  • Routinen helfen
  • Widersprüche aushalten
  • Besser etwas als perfekt
  • Ethische Neubestimmung: Vorstellungskraft erweitern
  • Zeichen einer neuen Phase am Horizont
  • Synergien
  • Gemeinschaft suchen & finden

Luisa Neubauer: „Was wäre, wenn wir mutig sind“. rororo 2025. 13,- EUR. ISBN 978-3-499-01496-3.

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Abgewichen… Angereichert… Neurodivergenz und Normalität

Richtig anders – anders richtig

Cover

Einmal aufgeblättert, fange ich an zu lächeln. Dieses Buch ist sehr einladend & lesefreundlich. Überraschend, denn das Cover ist etwas wild, da gucke ich nicht so gern drauf. Geschmackssache. Ich halte mich also ans aufgeklappte Buch ;-)

Die Kapitel sind so geschrieben, dass es gut und leicht zu lesen ist. Einladend wirken kurze Abschnitte, Zwischenüberschriften, meist sanfte Farben. Die Texte werden durch sticker-ähnliche Grafiken und bunte Bilder aufgelockert. Der Stil ist sachlich, sehr gut und allgemein verständlich. Am Ende gibt es ein Stichwortverzeichnis und Quellenverweise.

Inhaltsseite mit Text und einer Katze, die sich auf dem Rücken räkelt

Die Einführungen in die Themen erinnern an bzw. erklären hilfreiche Begriffe. Damit klar wird, was diese ähnlich lautenden Dinge voneinander unterscheidet:

  • Neurodivers
  • Neurodivergent
  • Neurotypisch ≠ Neurotyp
  • Neuronormativ

Eichhörnchen mit Superman-Shirt, vor dem S für Superman steht ADHDie Texte und Erfahrungsberichte sind aus Sicht von Betroffenen oder „Allys“ (Verwandte, Freunde, …) geschrieben. Es gibt Berichte und die Beschreibung selbst erlebter Situationen zu verschiedenen Aspekten: Aktivist:in sein, Selbstdiagnose …  Das alles mit Schwerpunkt auf eigene, ganz persönliche Erfahrungen mit dem Anderssein, dem Abweichen von der Norm.

Zitat:

Eine Katze ist kein defekter Hund, sondern eine Katze!

Jede Menge Informationen runden das Werk ab. Umfangreich und doch übersichtlich habe ich auf rund 222 Seiten jede Menge Altbekanntes gut aufbereitet vorgefunden und Neues erfahren.

Zitat:

Your. Worth. Is. Not. Measured. In. Productivity.

Ja, wenn man mal bewusst drüber nachdenkt, Produktivität bzw. Leistung ist oft der „Normalo-Treiber“. Und müsste es gar nicht immer sein.

Viele verschiedene Köpfe... verschiedene Hautfarben, Gender, Alter...Fazit: Wiedererkennen oder Einsicht, beides kann aufleuchten beim Lesen

Themen

  • Gleichberechtigt, nicht gleich
  • Lese-Rechtschreib-Schwäche und Dyskalkulie
  • ADHS, Autismus-Spektrum, AuDHS
  • Mental Health
  • Spezialinteressen & autistisches Denken
  • Sinneswahrnehmung
  • Barrieren
  • Folgeerkrankungen
  • Komorbidität
  • Selbstdiagnose (mehr als Wichtigmacherei)
  • Masking
  • Gut genug
  • Junge Selbsthilfe
  • Safe Space
  • Nachteilsausgleich
  • Community: Keine Einzelfälle

Kathrin Köller und Irmela Schautz: „Richtig anders – anders richtig. Selbstbewusst neurodivergent“. Hanser 2025. 22,- EUR (D) / 22,70 EUR (A). ISBN 978-3-446-27978-0.

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Mäuse! Willkommen … neues Jahr 2026!

Kalender: Mäuseabenteuer 2026

(Ja, es ist noch etwas früh, ans nächste Jahr zu denken. Aber für Mäuse ist der Weg ja weiter, bei so kleiner Schrittweite. Da kann man mal früher loslegen…)

Liebe Mäuse, Mäusedamen und Mäuseriche! Das nächste Jahr steht im Zeichen der Abenteuer!

Hier ist der Beweis: Als kleiner Überblick über alle Mäusegeschichten kommt zum Jubiläum ein großformatiger Kalender an die Wand. Die Pioniertaten aus den Büchern und die Bilder im Kalender rufen nach Aufbruch, Nachmachen und Neumachen.

Cover

Septemberblatt title=Torben Kuhlmann ist begabter Illustrator und hat ein Händchen für atmosphärisch dichte Illustrationen, die phantasievolle und wirklichkeitsgetreue Darstellung verbinden. Das Schönste an den Bildern ist für mich die „historisch“ angehauchte Farbwelt. Alles sieht aus wie auf verblichenen Fotos. Sehr, sehr schön.

Der Kalender zeigt Motive aus den fünf Bilderbüchern „Lindbergh“, „Armstrong“, „Edison“, „Einstein“ und „Earhart“. Die Kalender-Jubiläumsausgabe bringt außer den Monatsblättern einen Bastelbogen mit. Ausschneiden, Falten, Kleben, Spielen…

Fazit: Nicht nur eine Augenweide, auch super zum Ins-Abenteuer-Träumen

Bastelbogen

Torben Kuhlmann: „Mäuseabenteuer“. 52,0 x 42,5 cm. Spiralbindung. Dumont. 28,- EUR (D) / 28,- EUR (A). EAN: 40-690950-0875-5.

Mehr davon: https://maeuseabenteuer.com

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Tunja: There is not planet B

Alles verändert sich

Cover

Wie jedes Jahr zu Beginn des Sommers geht Tunja in die Stadt und kauft sich ein Buch. Auf der Rückfahrt schläft sie im Zug ein. Sie verpasst ihre Haltestelle und fährt bis zur Endstation. Nun muss sie nach Hause finden! Sie wird begleitet vom Gecko Flummi, einem Flamingo, dem Rochen Manta und dem Ferkel Oink. Auf ihrem Weg zurück nach Hause finden sie überall Müll – im Meer, Müllhalden, dazu qualmende Industrieanlagen, eine Welt voller Autos und brennende Landschaften.

Zusammen beschließen am Ende alle, die Natur von all dem Müll zu befreien. Und dann versteht man auch den Namen: Tunja = Tun, ja!

Fazit: Geeignet für Kleinere, wenn sie zusammen mit Erwachsenen das Abenteuer erleben und über die Geschichte sprechen können.

Laïla Koubaa und Inge Bogaerts: „Alles verändert sich“. Bilderbuch. Ab 4 Jahren. Carl-Auer Kids 2025. 22,- EUR. ISBN 978-3-96843-062-1.

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Klassischer SciFi-Held in Bildern

Captain Future

Cover… Eintauchen in Vergangenheit und Zukunft gleichzeitig! Im letzten Jahrtausend hab ich den einzelnen Folgen der Serie immer entgegengefiebert. Jetzt liegt eine Reminiszenz an diese Zeit auf meinem Tisch, als Graphic Novel.

Der Erwachsenencomic ist nicht nur eine Hommage an die berühmte Zeichentrickserie. Unwillkürlich hört man beim Lesen die bekannte Titelmelodie, die schon auf dem Weg zur ISS war – und träumt sich sofort an Bord der Comet.

InhaltsseiteZum Hintergrund: Curtis Newtons Eltern wurden ermordet. Sie haben ihm eine besondere Gemeinschaft geschaffen: Professor Simon Wright, der todkrank war und dessen Gehirn vom Körper getrennt und in einen Behälter transferiert wurde. Außerdem Grag, ein Roboter, und Otto, ein Android mit formwandlerischen Talenten.

Der kleine Waise wird im Laufe seines Lebens ein humanistischer Weltraumheld. Später kennt man ihn unter dem Namen Captain Future. Hinterer UmschlagSein Raumschiff ist die COMET, auf Reisen mit ihr setzt sich die bunte Crew für Frieden und Gerechtigkeit ein.

Zur Story:

In diesem neuen Abenteuer kämpft Captain Future gegen eine mysteriöse Epidemie auf einem weit entfernten Planeten. Es gibt zunächst unerklärliche Phänomene, Ungerechtigkeit/Spezi-ismus, Politik. Dazu kleine Sticheleien und lustige Szenen zwischen den Protagonist:innen. Es gibt Kämpfe, Dialoge, und sogar „Haustiere“. Und eine Dschungelruine.

InhaltsseiteDer Stil der Zeichentrickserie von Toei Animation lebt hier wieder voll auf, ich habe mich gleich zurück gebeamt gefühlt.

Fazit: Action-Abenteuer mit humanistischer Haltung
Trigger-Alarm: Mit Gewaltszenen, nicht für Kleinere geeignet!

Sylvain Runberg und illustriert von Alexis Tallone: „Captain Future“. Comic. Ab 10 Jahren. CARLSEN 2025. 28,- EUR (D) / 28,80 EUR (A). ISBN 978-3-551-80338-2.

Mehr Captain Future …

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Bildsprachkurs für Foto-Enthusiast:innen

Die Sprache der Fotografie

CoverDas ganze Buch bringt nicht nur fundierte Erfahrungen im Inhalt, sondern auch eine wertige Verarbeitung mit. Es liegt gut und schwer in der Hand, hat ein Lesebändchen, und so unterstreicht auch das Format den Fokus auf qualitativ Hochwertiges.

Im Mittelpunkt steht die Überzeugung: Fotografie ist eine Sprache. Wenn wir sie richtig nutzen, können wir mit unseren Bildern Aussagen, Gefühle und Haltungen vermitteln. Um zu verstehen, aus welchen Elementen diese Sprache besteht und wie wir diese in unseren Fotos verwenden, ist das Buch eine hervorragende Hilfe.

Es erklärt eine Menge und ermöglicht ein Lernen entlang vieler Beispiele: Erfahrungsgefüllte textliche Beschreibungen wechseln mit Bildabbildungen ab; seitenweise Fotos ohne viel Text zeigen die ganze Bandbreite dieser Sprache. Gewürzt ist der Textteil mit einer klaren, sehr persönlichen Perspektive. Das ist in diesem Fall stimmig, da man merkt, dass die Erfahrungen auch für entsprechende Ergebnisse stehen.

Nicht alle Bilder erschließen sich mir auf den ersten Blick. Das aber vermerke ich als Plus, denn: Das Buch regt zum Nachdenken an statt einfach 1000mal gehörte Tipps & Tricks aneinander zu reihen. Die Technik steht im Hintergrund, wichtig sind alle anderen Aspekte des Fotografierens: Motiv, Ziel, Bildauswahl, Planung, Variationen, …

Viele Fragen beantwortet Forbes aus seiner eigenen Sicht und vermittelt dabei die drei wichtigsten Dinge beim Erwerb einer neuen Sprache:

  • Vokabular
  • Regeln
  • Praxis

Hier noch ein Zitat als Beispiel für den Stil, der mich immer wieder zum Innehalten und selber Nachdenken anstupst:

Aber ohne diese Versuche, manchmal Hunderte von ihnen, gelangen Sie nicht dorthin. Ich übertreibe vielleicht, aber es erfordert Geduld. Vielleicht übertreibe ich auch nicht. Qualität erfordert zuweilen Versuch und Irrtum.“

Zielgruppe

Dies ist ein Buch für alle, für die gute Fotografie nicht vordringlich eine Beschäftigung mit Technik und Gerätschaften ist.

Fazit: Gelungen!

Themen

  • Bildsprache: Visuelle, asynchrone Kommunikation
  • Substantive & Verben
  • Substraktiver Denkansatz
  • Abstraktion & Konkretion
  • Zeigen & Teilen
  • Logik & Interpretation
  • Arrangement & Komposition
  • Was nicht gezeigt wird
  • Visuelles Gewicht
  • Symbole &d Metaphern

Fotograf & Autor

Der Autor hostet auf YouTube „The Art of Photography“ (890.000 Abos)

Ted Forbes: „Die Sprache der Fotografie. Der Meisterkurs zu überzeugenden Bildern“. dpunkt 2025. 39,90 EUR. ISBN 978-3-98889-055-9.

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Schwere Last: Maskieren, wer ich bin…?

Versteckter Autismus entmaskiert

CoverIn diesem Buch teilt Dr. Devon Price seine persönlichen Erfahrungen mit der Maskierung und verbindet sozialwissenschaftliche Forschung und echte Fallbeispiele, um die Geschichte der Neurodivergenz aus einer Insiderperspektive heraus neu zu erzählen. Interessant, vielschichtig, politisch, umsichtig; und manchmal klingen die Forderungen radikal, bei genauerem Betrachten nur im ersten Moment. Dabei ist der Ton immer reflektiert und wertschätzend.

Das Buch ist für alle gedacht, die vermuten, dass sie neurodivers sind – unabhängig von einer „offiziellen“ Diagnose. Aus Gründen der Selbstbestimmung wird hier ausdrücklich von Selbstdiagnose, Selbsterkenntnis und weniger von Diagnosen von außen (womöglich nach veralteten Kriterien) ausgegangen. Hier zeigt sich eine offene Kultur, die alle willkommen heißt, ohne vor-zu-urteilen.

Aus eigener Erfahrung ordnen Betroffene Erlebnisse, Forschungsergebnisse und Diagnosen ein und erläutern praktische Handlungsoptionen. Ich finde das Ganze sehr ausgewogen, was mir gut gefällt. Aus Sicht von Personen aus der Community blickt das Buch auf das Thema „autistisch leben“. Alle, die hier zu Wort kommen, befinden sich im Spektrum  oder haben nahe Angehörige mit Autismusdiagnose.

Hier werden Therapien angeschnitten, eingeschätzt und auch überholte Behandlungen kritisiert. Mehr noch geht es jedoch um einen guten Umgang mit der Besonderheit und wie man diesen für sich selbst findet/finden kann. Auch die gesellschaftliche Dimension wird betrachtet.

Besonders eindrücklich und verständlich ist/sind die vielen Geschichte(n) von Ausgrenzung von Leuten mit Besonderheiten – alle, die nicht „normal“ oder „neurotypisch“ auftreten. Einige der Erfahrungen decken sich mit denen von Minderheiten (auch: Frauen) oder anderen benachteiligten Gruppen (u. a. Rolli-Fahrer:innen, Schwerhörige, …).

Auf jede erkennbar autistische Person kommen einige verborgene Autist:innen, die neurotypisch erscheinen, weil sie ihre Symptome überspielen. Diese Maskierung autistischer Züge, um sich den gesellschaftlichen Normen anzupassen, ist eine gängige Bewältigungsstrategie. Dazu gehört, dass eigentlich harmlose Stimmungen überspielt und Kommunikationsprobleme ignoriert werden, Betroffene sich als bescheiden und sanftmütig präsentieren und sich in Situationen zwingen, die starke Ängste auslösen, damit sie nicht als hilflos oder seltsam angesehen werden.

Solch eine Maskierung führt dazu, dass Autismus oft erst spät erkannt wird, nicht selten im Erwachsenenalter wie bei Dr. Devon Price – und sie geht auf Kosten der psychischen Gesundheit mit Folgen bis hin zum Burnout.

Für Dr. Price und viele andere ist Autismus eine Quelle der Einzigartigkeit und Schönheit. Doch das Leben in einer neurotypischen Welt bedeutet, dass es auch  Entfremdung und Schmerzen geben kann. Die meisten leiden still, bevor sie entdecken, wer sie wirklich sind. Viele werden aufgrund ihrer Ethnie, ihres Geschlechts, ihrer sexuellen Orientierung, ihrer Klasse und anderer Faktoren zusätzlich an den Rand gedrängt, was ihr Leiden und ihre Unsichtbarkeit noch erhöht. Dr. Price bietet Hilfe, die den Umgang erleichtern und zum eigenem authentischem Auftreten ermutigen.

Gleichzeitig plädiert Price auch für eine größere öffentliche Akzeptanz, in meiner Interpretation nicht nur von Autismus, sondern ganz allgemein von Diversität.

Im Service-Teil findet man weitere Informationen, wie z. B. den Link zu Wrong Planet, wo man sich gut vernetzen kann. Und das Stichwortverzeichnis am Ende unterstreicht einmal mehr den Servicegedanken. Nice.

Autor
Dr. Devon Price ist Sozialpsychologe, Professor, Autor und stolzer Autist. Seine Forschungsergebnisse wurden in Fachzeitschriften wie dem Journal of Experimental Social Psychology, Personality and Social Psychology Bulletin und dem Journal of Positive Psychology veröffentlicht. Seine Artikel sind in Medien wie der Financial Times, HuffPost, Los Angeles Times, Business Insider sowie vielen anderen Medien erschienen. Er lebt in Chicago, wo er als Assistenzprofessor an der School of Continuing and Professional Studies der Loyola University Chicago tätig ist.

Fazit: Für alle Interessierten empfehlenswert – für Jede und Jeden lehrreich, auch allgemein bzgl. einem frischen Blick auf Diversität und (echte) Inklusion

Themen

  • Was ist Autismus?
  • Wer maskiert ihn und wie?
  • Folgen der Maskierung
  • Ein autistisches Leben aufbauen
  • Beziehungen pflegen
  • Neurodiverse Welt

Dr. Devon Price: „Versteckter Autismus entmaskiert. Von der Befreiung, die eigene Neurodiversität zu akzeptieren und autistische Symptome nicht länger zu unterdrücken“. Yes Publishing2025. 22,- EUR. ISBN 978-3-96905-384-3.

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Hawkings Botschaft an die Menschen (besonders die kleinen…)

Schaut zur den Sternen!

CoverDas Anliegen ist groß (Erde, Menschen, Zukunft retten), das Buch kurz. Die Atmosphäre in den bunten Bildern ist durchweg positiv in diesem wunderschönen Buch.

Inhaltsseite mit vielen kreisförmigen Bildern von Menschen in jedem Alter, mit und ohne Behinderung, und mit verschiedenen Tätigkeiten wie lesen, experimentieren, demonstrieren, malen, ...Stephen Hawking hat viele Antworten gefunden, mehr Antworten als die meisten für möglich gehalten hätten. Er hat den Kosmos nochmal neu aufgeblättert, vor allem in den tiefschwarzen Löchern und drumherum. So hat er die dunkelsten Ecken des Universums erhellt.

Dem klugen Forscher war gleichzeitig immer bewusst, dass es neben der allgemeinen Relativitätstheorie oder Schwarzen Löchern noch andere Herausforderungen für die Menschheit gibt. In diesem Buch ermutigt er, sich neugierig diesen großen Herausforderungen zu stellen. Das Buch stellt ganz selbstverständlich dar, dass wir alle Teil von etwas Größerem sind und zusammen Lösungen für eine bessere Zukunft finden können.

Inhaltsseite mit TextDas Bilderbuch richtet sich an die Jüngsten, taugt aber auch sehr gut für alle anderen. Es ist Stephen Hawkings Botschaft der Hoffnung.

Denn: Wir alle sind Zeitreisende auf unserem gemeinsamen Weg in die Zukunft. Lasst uns dafür sorgen, dass diese Zukunft ein Ort ist, den wir gerne besuchen möchten.

Das Buch macht Lust und Mut auf eine tolle Zukunft.

Inhaltsseite Kopfsilhouette vor Universum mit Sternen, Umriss aus Sternen und Galaxien angedeutet

Fazit: Wichtiges Anliegen, tolle Bilder – bunt, vielfältig, zutiefst menschlich

Das Buchteam

Stephen Hawking war Astrophysiker und Inhaber des Lehrstuhls für Mathematik und Theoretische Physik an der Uni in Cambridge. Er zählt zu den renommiertesten Wissenschaftlern unserer Zeit. Er starb am 14. März 2018.

Lucy Hawking ist seine Tochter, Kinderbuchautorin und Pädagogin. Gemeinsam mit ihrem Vater hat sie auch noch eine wissenschaftliche Abenteuerreihe verfasst, und es gibt eine junge Wissenschaftsdetektivin in ihren Geschichten. Sie lebt in London.

Xin Li ist Illustratorin und Buchautorin. Sie studierte Design und arbeitete erst mal für ein Softwareunternehmen. Nachdem sie Mutter wurde, widmete sie sich ihrer Leidenschaft, dem Schaffen von Kunst und Erzählen von Geschichten. Sie lebt derzeit in Norwegen.

Stephen Hawking & Lucy Hawking & Xin Li: „Schaut zur den Sternen! Gemeinsam unterwegs in Richtung Zukunft“. Ab 4 Jahren. Penguin Junior 2025. 16,- EUR. ISBN 978-3-328-30379-4.

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Pflanzen pflanzen mit Naturbeobachtungsgarantie

Tiere pflanzen

CoverKann man Tiere pflanzen? Ja, das geht – mit einheimischen Wildpflanzen und Lebensraumgestaltung. Die Sicht auf den Garten INKLUSIVE Tiere malt ein größeres Bild auf das Gärtnern, was mir sehr gefällt. Hummelburg… schon das Wort ist toll!

Entlang von Tierarten sind die Kapitel gegliedert. So darf man Stieglitze erwarten, wenn man Wilde Karden pflanzt, Bläulinge beim Hornklee sehen oder Holzbienen beim Strauch, der so komische Blasen zeigt.

Das Buch bringt 18 Partnerschaften zwischen Pflanzen und Insekten oder Vögeln mit. Und nicht nur das: Viele Tabellen schaffen schnell einen Überblick, schon zu Beginn gibt es ein Pflanzenverzeichnis mit Sietenzahlen, so dass man die eigenen Lieblingslebensräume im eigenen Grün schnell aufblättern kann. Gut mitgedacht :-)

Die Tipps und Pflanz- sowie Pflegeanleitungen sind verständlich erklärt, auch für Laien. Die Liste von Bezugsquellen im Anhang hilft beim Anfangen auch. Dort findet man außerdem weitere nützliche Verweise.

Schön: Viele tierfreundliche Maßnahmen sorgen dafür, dass weniger Arbeit anliegt als bei der klassischen Gartenarbeit. Win-win :-) Nicht verschweigen will ich, dass natürlich auch mal die eine oder andere größere Aktion ansteht, z. B. das Abräumen. Das finde ich allerdings einfacher „nebenbei“ hinzubekommen als eine regelmäßige intensive Pflege.

Noch was, was mir gut gefällt: Auch auf unterschiedliche Lebensphasen der bepflanzten Flächen wird durch verschiedene „Strategien“ eingegangen. So ändert sich über die Zeit das, was zu tun ist – Langeweile hat hier keine Chance. Wem ein Standort „unpflanzbar“ erscheint, die oder der bekommt hier Tipps, z. B. für trockene Schattenflächen unter Bäumen… was wächst da bloß?

Im Buch kommen auch gern gehasste Pflanzen zu ihrer Ehre, z. B. Brennesseln als Schmetterlingspflanze. Oder Giersch, (Acker-)Winde, … gut zu wissen, dass und wo sie gut sind. Und wie und wo man sie auch mal rausbekommt.

Lebendig, attraktiv und ökologisch wertvoll lassen sich alle Standorte im Garten gestalten – vom Blumenrasen bis zur Wildstrauchhecke. Das Buch erklärt Bedürfnisse von Plfanzen und macht ökologische Zusammenhänge verständlich. Das alles weckt meine Neugier. Nicht nur, weil meine derzeitige Lieblingsbiene, die blauschwarze Holzbiene, ein Riesentier, drin vorkommt. (Was ich unbedingt noch nachsehen will: wärmeliebenden Mäusedorn!)

Fazit: Spannender als gedacht, sehr praxisnah. Lesen & Loslegen ist hier das Motto :-)

Autorin

Ulrike Aufderheide ist Biologin und hat diesen Weg zu mehr Artenschutz, der jedem offen steht, endlich mal auf die Themenliste gesetzt.

Themen

  • Sandlinse & Totholz
  • Unkenpfützen
  • Luftplankton
  • Winterquartiere & Futterpflanzen
  • Blumenhecken
  • Zaun- und Dachbegrünung
  • Vertikalbegrünung
  • Koevolution & Abhängigkeiten
  • Gigantenbeete

Ulrike Aufderheide: „Tiere pflanzen. Faszinierende Partnerschaften zwischen Pflanzen und Tieren – 18 attraktive Lebensräume im Naturgarten gestalten“. pala-verlag 2019. 24,90 EUR (D) / 25,60 EUR (A). ISBN 978-3-89566-388-8.

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Berichte davon, das Leben zu meistern

Was wirklich zählt

CoverDas Buch sammelt persönliche Berichte von Menschen aus unterschiedlichen Lebenswirklichkeiten und stellt sie unter der Überschrift Hoffnung nebeneinander.

Was treibt uns an? Worauf können wir uns verlassen? Was zählt wirklich? Bekannte und relevante Persönlichkeiten aus Kultur, Politik, Wirtschaft und Wissenschaft erzählen von ihren Erfahrungen und ihrer Sicht auf das Leben.

Das titelgebende Motto hat mich an diesem Buch gereizt, allerdings würde ich nach der Lektüre diesen Titel anders wählen. Das Wort Hoffnung ist für mich nicht der Kern der Berichte – sondern eher sowas wie „das Leben meistern“. Es sind sehr persönliche Geschichten, die oft, aber nicht immer einen „Hoffnungsaspekt“ für mich beinhalten. Sie erzählen alle von einem guten Ausgang oder Zuversicht in die Zukunft. Trotzdem stellte ich mir unter „18 mal Hoffnung“ etwas anderes vor. Bei manchen Berichten musste ich auch schlucken, weil der düstere Teil des Lebens mich durchgerüttelt hat.

Autorin

Die Autorin studierte Evangelische Theologie, Germanistik und Kunstgeschichte, ist Bloggerin und Online-Journalistin.

Fazit: Interessant, vielseitig, bunt… allerdings ist es kein durchweg „leichtes“ Buch

Unter anderem dabei sind…

  • Klimaforscher
  • Dragqueen
  • Ärztin & Medizin-YouTuberin
  • Lotto-Gewinnberater
  • Astronaut
  • „Vegan-Unternehmer“
  • Kabarettistin
  • Irakisch-deutscher Schriftsteller
  • Modedesignerin
  • Gründer einer Hilfsorganisation
  • Holocaust-Überlebende
  • Musiker
  • Sterneköchin
  • Psychonanalytiker
  • Schauspielerinnen
  • Unternehmer & Opfer der Ahrtal-Flut
  • Politikerin

C. Juliane Vieregge: „Was wirklich zählt. 18 Mal Hoffnung in Krisenzeiten“. Schüren 2025. 25,- EUR. ISBN 978-3-7410-0295-3.

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Mächtige künftige Generationen bilden

Das könnte Schule machen

CoverDas Buch ist meine Vision von Bildung! Ähmmm… *bescheiden-Krümel-weg-schnipp*…

… also: Das Buch hat MEHR als meine Vision von Bildung, es ist noch besser und durchdachter und voller Praxiserprobung. Wow!!!

Bin immer noch ganz aufgeregt: Es geht! ES GEHT!!! Hier ist der Beweis für eine gute Idee für künftige (gegenwärtige!!!) Bildung, die Menschen bildet, die die Herausforderungen der Zukunft ganz anders angehen können. Bin immer noch aufgeregt. Da will ich dabei sein – muss nur noch herausfinden, wie!!!

Aber langsam, ganz von vorn: Zur Schule gehen ohne Angst und Stress? Stattdessen viel Eigenmotivation, Lernerfolg und Freude? In der oft und verdient ausgezeichneten Alemannenschule in Baden-Württemberg ist das bereits gelebte Realität. Der Schulleiter hat mit Kolleginnen und Unterstützern eine neue Schulform etabliert, ohne Frontalunterricht, ohne feste Prüfungstermine, ohne Klassenzimmer. Und das im öffentlichen Schulsystem!

Statt mit einem „Ansagen und Befolgen“ in einer normalen Schule leben Kinder und Lehrkräfte hier gegenseitige Wertschätzung, Kreativität, Freiheit und moderne Unterrichtsmethoden, losgelöst und doch Teil vom gängigen deutschen Schulmodell.

Das Buch erzählt, wie eine Schule der Zukunft jetzt schon Realität geworden ist und welche Veränderungen nötig sind, um sie überall möglich zu machen. Denn ja: Es braucht einen langen Atem und viele Leute, die mit an der Vision und Umsetzung arbeiten.

Was ist passiert?

  • Kids gehen gern zur Schule, von Klasse 1 bis Abitur (und alles dazwischen, von Hauptschulniveau bis Hochschulreife).
  • Mehr Schulerfolg: Mehr bessere Abschlüsse als in vergleichbaren Schulen
  • Zufriedenheit auf allen Seiten: Gestiegen

 

Fazit: Lesen! Weitersagen! Engagieren und nachmachen!!!

Themen

  • Guter Schulideen: Verschiedene Beispiele
  • Gemeinschaftsschule: Klasse 1, Hauptschule, Realschule, gymnasiale Oberstufe, Abitur
  • Medien, Ministerium, Behörde: Aufmerksamkeit & Gegenwind
  • Pädagogik: Selbstorganisiertes Lernen und praktische Gemeinschaftsprojekte
  • Lernarchitektur
  • Kompetenzermöglichung: Lerninstrumente, Regeln und Methoden
  • Das ganze Dorf als Lernort

Buch mit vielen Lesezeichen-Klebezetteln

Stefan Ruppaner und Anke Willers: „Das könnte Schule machen. Wie ein engagierter Pädagoge unser Bildungssystem revolutioniert. Ein richtungsweisendes Buch für die Schule von morgen“. rowohlt Polaris 2025. 18,- EUR. ISBN 978-3-499-01639-4.

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Denk mal: Ein Tier unter vielen…

Was Tiere denken

CoverLange Zeit dachten die Menschen, ihr Verstand, ihre Logik und ihr Erfindungsreichtum – kurz: ihr Denken – unterscheiden sie von den Tieren. Dieses Buch beweist mit einer Sammlung beeindruckender Forschungserkenntnisse, dass wir den Blick leicht weiten können. So stellen wir fest, dass der Mensch ein Tier unter Tieren ist. Und dass es gar nicht so eindeutig zu definieren ist, was denn Denken bedeutet. Oder Bewusstsein. Oder Wahrnehmung. … und dass die Evolution da auch noch ein Wörtchen mitspricht, dass versteht man anhand der vielen Tier-Denken-Beispiele: 60 Tierarten, ihre bemerkenswerten kognitiven Fähigkeiten, ihre Gefühle und ihre ausgefeilte Kommunikation,

Stilvoll begleitet werden die kurzen Tierporträts von Fotos renommierter Naturfotografen.

Kritikpunkte? Der Table-Top-Titel hätte sich gern noch ein Lesebändchen gönnen dürfen! Das Buch ist recht groß (~ Din A4) und schwer, das kann ich ohne Tisch gar nicht entspannt lesen. Hat Vor- und Nachteile ;-)

Top: Es geht nicht nur um die reine Beobachtung, sondern auch ungewöhnliche Perspektiven. Und das, ohne das Fundament valider Forschungsideale zu verlassen.
Z. B. wird die ungewöhnliche Frage formuliert: Haben Tiere einen Verstand, der etwas kann, was wir nicht können? Gibt es sowas wie Intelligenz, sowas wie tierische Intelligenz, die anders geartet ist als die menschliche?

ScreenshotBemerkenswert: Ich weiß jetzt, wie das heißt, was die Kleinen hier tun: Jump-Yip! Und noch ein Learning, das ich mitgenommen habe (und zwar schon beim ersten Reinlesen!), ist das zu den Goldfischen. Sie können Unterwasserautos durch ein Labyrinth bugsieren. Und zwar auf der besten Route. Und das merken sie sich dann noch für eine Weile… nur, warum es ausgerechnet mit Wasser geflutete Autos für diese Forschungsfrage sein sollte, das weiß der Fisch wohl genauso wenig wie ich ;-)
Schließlich hab ich noch den Begriff „scatter-caching“ entdeckt – und für ein sinniges Konzept eingestuft. Sowas ähnliches mache ich im Herbst auch wieder (Advent! Weihnachtsvorbereitung! Winter naht…)

Abgesehen davon habe ich eine ganze Reihe „neuer“ Tiere bzw. „neuer“ Eigenschaften alter Bekannter kennengelernt. Danke, Marianne Taylor!

Fazit: Lesen! Verschenken! Staunen!

Themen

  • Lernen & Gedächtnis
  • Messen: Wie schnell, wie weit, wie viele?
  • Kommunikation: Gesang und Tanz
  • Zusammenhalt
  • Bewusstsein: Wer kennt wen? Wer kennt sich?
  • Theory of mind
  • Gewinnstrategien & Taktik
  • Mentale Stärke: Resilienz
  • Fürsorge
  • Kultur schaffen & erhalten
  • (Artübergreifende) Freundschaften

Marianne Taylor: „Was Tiere denken. Intelligenz und Emotion in der Wildnis“. Gerstenberg 2024. 38,- EUR. ISBN 978-3-8369-2202-9.

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Organisationen als Entscheidungsorte

Prozess Entscheiden

CoverTransformationsvorhaben in Organisationen brauchen besondere Formen des Entscheidens. Das Buch beschreibt Einflussfaktoren und stellt wirksame Modelle, Methoden und Instrumente zusammen.

Im Blick immer die Formate zu finden, die helfen, auch komplexe Transformationsprozesse erfolgreich zu gestalten.

Das Buch vermittelt viel theoretischen und aus meiner Sicht eher weniger praktischen Zugang zur komplexen Welt des Entscheidens. Es adressiert ungenutzte Potenziale im Entscheidensprozess und betrachtet auch Emotionen und Ratio beim Entscheiden, die es in Balance zu bringen gilt.

Das Buch ist nichts zum schnellen Nachschlagen oder einfachen Verstehen, beim Lesen musste ich mich stellenweise sehr konzentrieren. Das eigene Modell steht im Mittelpunkt, viele praktische Anwendungsbeispiele drehen sich um die „Landkarte“, bei der Emotion und Vernunft quasi ins Gespräch kommen, nachdem sich die Beteiligten auf der Karte positioniert haben. Auf der Karte gibt es „Paradieschen“ oder ein „Atoll“, das die Sicht von außen darstellt und Abstand herstellen möchte.

Den Zugang zum Buch finde ich schwierig. Es liegt vermutlich an Formulierungen und Leitlinien wie dieser. „Was haben wir nicht gelernt, und wie können wir das nutzen?“ oder „Was sehe, höre, rieche, schmecke und taste ich, wenn ich mit Abstand […] schaue?“

Gleichzeitig habe ich den Eindruck, die Autorin kennt sich in der Szene (der Theorien) aus. Besonders gut hat mir die Definition und Beschreibung des Tetralemmas gefallen, das ich schon länger kenne und das eins meiner Lieblingswerkzeuge ist (wo’s passt natürlich nur).

Am Ende habe ich den Eindruck, dass man bei notwendig gewordenen Transformationen diese Autorin durchaus als Beratung einbeziehen könnte, damit das klappt. Allerdings werde ich das Gefühl nicht los, dass genau das die Absicht ist: Eine Lösungsmöglichkeit so anzubieten, dass sie ohne ein Engagement nicht funktioniert… Das ist jedoch subjektiv und soll keine allgemeine Aussage sein – lest selbst, wenn es Euch interessiert.

Autorin

Cornelia Strobel ist Dr., Dipl.-Chemikerin, hypnosystemische Organisationsberaterin, Coach und Teamentwicklerin, Ausbilderin und Supervisorin, Lehrbeauftragte.

Fazit: Anspruchsvolle Lektüre auf Basis von viel Hintergrundwissen

Themen

  • Cynefin
  • Unsicherheit & Risiko
  • Organisations- und Entscheidungskultur
  • Metaphern als Hilfsmittel
  • Ambidextrie
  • Beratungsmodell

Cornelia Strobel: „Prozess Entscheiden. Ein Schlüssel für erfolgreiches Transformieren“. Carl Auer 2025. 38,- EUR. ISBN 978-3-8497-0550-3.

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Naturmagie für die Dämmerstunde

Magische blaue Stunden

CoverEine animistische, metaphysische und spirituelle Betrachtung von Welt und Leben. Eine Lesereise durch alte Bräuche, fast vergessene Rituale und urtümliche Überlieferungen. Das Buch über die spirituelle Verbindung von Mensch und Natur kommt eher zurückhaltend daher, was mir sehr gefallen hat. Es will nicht überzeugen, vereinnahmen und auch keine esoterische Perspektive aufdrücken.

So hat mir gefallen, wie ganz schlicht und sachlich die größten Festtage des Jahres in unserer westlichen Welt auf uralte Wurzeln zurück verfolgt werden, in (Jahres-)Kreisform präsentiert, was optisch sehr ansprechend ist und wirklich gut zum Thema passt.

Die Zeit der Dämmerung am Abend und am Morgen zeigt sich hier in Geschichten, Gedichten und zauberhaften Bildern. Zwischen Raunächten und dem Lichtfest lädt der Band ein, Kraft zu schöpfen, zur Ruhe zu kommen und sich zurückzubesinnen auf das Ursprüngliche: Die jeweils eigene, uralte Verbindung zur Natur, die sich tief in unsere Biologie eingeprägt hat.

Das wertige Coverbild mit Silberlackprint für die Schrift, Sternenhimmel und ein paar nachtleuchtenden Farnen und Gräsern: Hübsch. Klappt man das Buch dann auf, macht ein magischer Innenprint gleich noch mehr passende Atmosphäre.

Fazit: Ein Nachttischtitel – am besten lesen, wenn es draußen dunkler ist und man schon leicht müde wird; dann kommt genau die richtige Stimmung auf.

Themen/Formate

Katharina Hargutt: „Magische blaue Stunden. Streifzüge zwischen Zeit und Raum | Gedichte & Geschichten zu magischen Bräuchen und uralten Ritualen | Buch über die Verbindung zwischen Mensch & Natur“. Pattloch 2023. 22,- EUR. ISBN 978-3-629-00954-8.

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